Kiss-Cut
Kiss-Cut bezeichnet das Anstanzen eines Laminats bis in Deckmaterial und Klebstoff, ohne den Trägerliner zu durchtrennen. Es entsteht ein Halbschnitt, der das ausgeschnittene Teil auf dem Liner fixiert. Einfach gesagt bedeutet Kiss-Cut, dass sich das Teil leicht ablösen lässt, der Liner aber intakt bleibt. Das ist ideal für Etiketten, Dichtkonturen, Abdeckmasken und technische Formteile aus Folien und Klebebändern. In der Elektroisolationsindustrie ermöglicht Kiss-Cut die saubere Bereitstellung vorgeschnittener Isolierteile für eine schnelle, fehlerarme Montage.
Technische Grundlagen und Prozessprinzip
Beim Kiss-Cut wird die Schneidkante so eingestellt, dass Deckmaterial und Klebstoff vollständig getrennt werden. Der Liner dient als definierter Anschlag. Kernparameter sind Schnittkraft, Schnittspalt, Messerstand, Schneidkantenqualität und die mechanische Steifigkeit des Laminats. Die Prozessführung richtet sich nach Materialdicke, Klebstoffsystem und Linerhärte.
Verfahrensvarianten
Rotationsstanzen: Kontinuierlicher Prozess mit Zylinderwerkzeugen. Hohe Taktzahlen, sehr gute Registerhaltigkeit, prädestiniert für Rollenware. Werkzeuge als Vollhartmetall oder flexible Stanzbleche auf Magnetzylinder.
Flachbettstanzen: Hohe Schnittkräfte bei großen Formaten. Gut für mittlere Serien und dickere Materialien.
Laser Kiss-Cut: Berührungsloser Halbschnitt. Ideal für kleine Losgrößen, variable Geometrien und feinste Konturen. Parameter sind Laserleistung, Fokuslage und Vorschub.
Digitalplotter: Nutzt oszillierende Messer oder Tangentialmesser. Geeignet für Prototypen und Vorserien.
Materialien und Laminataufbau
Deckmaterial: Polyimid Kapton für Hochtemperaturisolation, Polyester HOSTAPHAN oder Mylar für Elektroisolierfolien, PET oder PVC für technische Etiketten, Aramidpapier Nomex für thermisch stabile Isolierteile, PTFE und POM für Gleit und Dichtfunktionen, technische Vliese.
Klebstoffe: Acrylat für breite Haftspektren und Alterungsbeständigkeit, Silikonkleber für Hochtemperatur und niederenergetische Oberflächen, Kautschuksysteme für sehr hohe Anfangshaftung.
Liner: Silikonisierte Papiere für Standardanwendungen, PET Liner für hohe Temperaturstabilität und präzisen Halbschnitt.
Qualitätsmerkmale, Toleranzen, Prüfpunkte
Ein industrietauglicher Kiss-Cut zeichnet sich durch reproduzierbare Ablösekraft, gratfreie Schnittkanten und eine unbeschädigte Lineroberfläche aus. Wichtige Prüfpunkte sind Maßhaltigkeit, Rechtwinkligkeit, Ausrissfreiheit, Partikelarmut und die optische Konturtreue. Die erreichbare Toleranz hängt von Verfahren, Werkzeug, Material und Bahnführung ab. Rotationsprozesse mit Registerregelung erzielen besonders konstante Ergebnisse. Laserprozesse liefern sehr feine Konturen, erfordern aber ein Wärmemanagement, um Klebstoff und Träger nicht zu beeinträchtigen.
Typische Einflussgrößen
Materialdicken und Schichtaufbau
Stanzspalt, Werkzeugschärfe, Andruck
Registerhaltigkeit bei Mehrlagenlaminaten
Temperaturführung bei Laser Kiss-Cut
Entgratung und Partikelmanagement in Reinraumnähe
Anwendungen in Elektro, Automotive und Industrie
Elektroisolationsindustrie: Kiss-Cut von Polyimid Kapton Klebebändern als Lötmasken, Abdeckmasken für Beschichtungen, Isolierfolien für Spalt und Kriechstrecken, Nomex Zwischenlagen, Polyesterfolien als Abstandshalter.
E-Motoren und Hairpin Wicklungen: Vorgeschnittene Haftfolien und Isolierlabels für Nutisolation, Slot Liner Fixierung und Kantenabdeckung.
Automotive: Dichtkonturen, Klebepads für Sensorbefestigungen, EMI Abschirmfolien mit leitfähigen Klebstoffen, Wärmeleitpads in vordefinierten Geometrien.
Elektronikfertigung: ESD Etiketten, Typenschilder, Seriennummern, Traceability Labels, doppelseitige Klebefolien für Bauteilfixierung.
Allgemeiner Maschinenbau: Maskierungen, Dämpfungselemente aus Vlies oder Schaum, PTFE Gleitstreifen, POM Distanzplättchen.
Prozesskette und Wirtschaftlichkeit
Kiss-Cut integriert sich in rollengeführte Konvertierungsprozesse. Typische Schritte sind Laminieren, Kaschieren, Bahnkantensteuerung, Kiss-Cut, Matrixabzug, Aufwickeln auf Rolle oder Vereinzeln auf Bogen. Für hohe Produktivität ist der stabile Matrixabzug entscheidend. Er entfernt das Stanzgitter zuverlässig, ohne Teile vom Liner zu lösen.
Werkzeugstrategie
Flexible Stanzbleche senken Rüstkosten bei häufigen Variantenwechseln.
Vollzylinder liefern maximale Standzeit bei sehr hohen Stückzahlen.
Laser reduziert Werkzeugkosten bei Prototypen und Kleinserien.
Make or Buy Entscheidung
Lohnschneiden ist attraktiv bei wechselnden Geometrien, strengen Sauberkeitsanforderungen und Bedarf an kombinierten Prozessen wie Laminieren, Perforieren und Bedrucken. Eigene Anlagen rechnen sich bei hohen Jahresmengen, stabilen Geometrien und kontinuierlicher Auslastung.
Auswahlkriterien für Konstruktion und Einkauf
Funktion: Haftkraft, Temperaturbereich, elektrische Eigenschaften wie Durchschlagsfestigkeit, Isolationswiderstand und Oberflächenwiderstand.
Material: Polyimid, Polyester, Nomex, PTFE, PVC, technische Vliese. Auswahl nach Umgebung, Medien und Normen.
Geometrie: Innenradien, Stegbreiten, Mindeststeg für Matrixabzug, Toleranzforderung.
Prozess: Rotations, Flachbett, Laser oder digitaler Schnitt. Entscheidung nach Losgröße, Taktzeit und Konturkomplexität.
Linerwahl: Papier für Standard, PET für Präzision und Temperatur.
Weiterverarbeitung: Rollenware, Bogenware, Pick and Place, Handmontage.
Qualitätssicherung: Stichprobenplan, Erstmusterprüfung, Prozessfähigkeitskennwerte, Rückverfolgbarkeit.
Vorteile und typische Herausforderungen
Vorteile
Teile bleiben geordnet auf dem Liner, einfache Entnahme und schnelle Montage
Hohe Prozessgeschwindigkeit im Roll zu Roll Betrieb
Geringe Rüstzeiten mit flexiblen Stanzblechen und digitalem Schnitt
Saubere Kanten bei korrekter Parametrierung, reduzierte Nacharbeit
Herausforderungen
Risiko der Linerverletzung bei falschem Andruck oder stumpfem Werkzeug
Stanzstaub und Partikel bei faserigen Materialien, abhängig vom Schneidverfahren
Wärmebeeinflussung des Klebstoffs beim Laser
Stabiler Matrixabzug bei filigranen Konturen
GOBA Fazit
Kiss-Cut ist der Schlüsselprozess, wenn vorgeschnittene Formteile aus Folien und Klebebändern geordnet, maßhaltig und montagefreundlich bereitgestellt werden sollen. Für Elektroisolierteile, Etiketten und Dichtkonturen bietet der Halbschnitt hohe Produktivität im Rollprozess und zuverlässige Qualität. Entscheidend sind ein passender Laminataufbau, die richtige Verfahrenswahl sowie eine präzise Register und Bahnführung. Wer Materialien, Liner und Klebstoffe auf die Anwendung abgestimmt und den Matrixabzug stabil ausgelegt hat, erreicht reproduzierbare Ergebnisse bei gleichzeitig wirtschaftlicher Fertigung.
Kontaktieren Sie uns gerne, um die optimale Lösung für Ihre Anforderungen zu finden.
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FAQ zum Kiss-Cut
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Kiss-Cut schneidet Deckmaterial und Klebstoff, der Liner bleibt ganz. Through-Cut trennt alle Schichten, Teil und Liner werden vollständig vereinzelt.
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Polyimid Kapton, Polyester HOSTAPHAN oder Mylar, Nomex Aramidpapier, PET und PVC Etikettenfolien, PTFE und technische Vliese. Die Auswahl richtet sich nach Temperatur, Medien und elektrischen Anforderungen.
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Bei kleinen Losgrößen, sehr feinen Konturen und häufigen Designänderungen. Wichtig ist ein abgestimmtes Wärmemanagement, damit Klebstoff und Liner stabil bleiben.
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PET Liner ist temperaturstabil und ermöglicht präzise Halbschnitte. Papierliner ist wirtschaftlich, erfordert aber sorgfältige Parametrierung, um Eindrücke zu vermeiden.
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Er entfernt das Stanzgitter nach dem Kiss-Cut. Ein stabiler Abzug ist Voraussetzung für hohe Taktzeiten und saubere Kanten ohne Anrisse.